Abfindung kann bei der Entlassung kurz vor der Rente gekürzt werden
Wenn ein Mitarbeiter kurz vor dem frühestmöglichen Renteneintritt
gekündigt wird, kann das Einfluss auf seine Abfindung haben. Für
behinderte Arbeitnehmer gelten hier aber spezielle Regeln, stellt der
Europäische Gerichtshof (EuGH) klar.
Grundsätzlich gilt, dass die
Abfindungshöhe nach einem Sozialplan vom Alter, der
Betriebszugehörigkeit und dem Gehalt abhängig gemacht werden kann.
Eine
Abfindung darf gekürzt werden, wenn ein entlassener Arbeitnehmer bald
in Rente geht. Dies ist keine nach EU-Recht verbotene
Altersdiskriminierung. Wenn aber ein behinderter Arbeitnehmer vorzeitig
eine Rente geht, können auf Grund seiner Behinderung Besonderheiten
gelten.
Der EuGH nahm zu einer Klage Stellung, die ein
schwerbehinderter Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht München eingereicht
hatte. Der inzwischen 62-jährige Mann arbeitete als Marketing-Manager.
In einem ausgehandelten Sozialplan hatten sich Betriebsrat und
Arbeitgeber darauf geeinigt, dass die Abfindung auf der Grundlage des
frühestmöglichen Rentenbeginns berechnet wird.
Das Arbeitsgericht
München hat den EuGH u.a. wegen der Frage angerufen, ob bei einem
Schwerbehinderten der auf der Behinderung beruhende, frühest mögliche
Renteneintrittstermin heranzuziehen ist oder aber der Zeitpunkt
maßgeblich ist, zu der ein vergleichbarer Arbeitnehmer ohne Behinderung
verrentet worden wäre.
Die Richter befanden, dass an der
altersbedingten Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer nichts auszusetzen
sei, weil das Geld begrenzt ist und hiervon vor allem jüngere
Arbeitnehmer profitieren sollen, die eine neue Arbeit suchten.
Es
sei jedoch nicht erlaubt, die Berechnung der Abfindung auf die
Möglichkeit einer vorzeitigen Verrentung wegen einer Behinderung
auszurichten. Schwerbehinderte hätten besondere Bedürfnisse, die
finanziellen Aufwendungen stiegen oft mit fortschreitendem Alter. Die
Abfindung auf den früheren Rentenbeginn wegen der Behinderung zu
berechnen sei eine „übermäßige Beeinträchtigung der legitimen Interessen
schwerbehinderter Arbeitnehmer“.
Insofern müsse dem Kläger die
Abfindungssumme ausbezahlt werden, die einem Arbeitnehmer vergleichbaren
Alters ohne Behinderung ausbezahlt worden wäre.
EUGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, Az. C‑152/11