Ein Vermittler von Flugreisen darf beim Online-Verkauf von Flugscheinen nicht als Voreinstellung eine Reiserücktrittsversicherung vorsehen

Als „fakultative Zusatzleistung“ kann eine Reiserücktrittsversicherung nur in der Weise angeboten werden, dass eine ausdrückliche Annahme erforderlich ist („Opt-in“)

Die ebookers.com Deutschland vertreibt über ein von ihr betriebenes Online-Reiseportal Flugreisen. Hat der Kunde während des Buchungsvorgangs einen bestimmten Flug ausgewählt, erscheint auf der Website oben rechts unter der Überschrift „Ihre aktuellen Reisekosten“ eine Kostenaufstellung. Diese Aufstellung enthält neben den Kosten für den Flug den Betrag für „Steuern und Gebühren“ und – voreingestellt – die Kosten für eine „Versicherung Rücktrittskostenschutz“. Die Summe dieser Kosten ergibt den „Gesamtreisepreis“. Am Ende der Website wird der Kunde darauf hingewiesen, wie er zu verfahren hat, wenn er die – voreingestellt – eingeschlossene Versicherung nicht abschließen möchte: Er muss dann sein Einverständnis ausdrücklich verweigern („Opt-out“). Von dem vom Kunden nach der Buchung gezahlten Preis entrichtet ebookers.com die Kosten des Flugscheins an das Luftverkehrsunternehmen, leitet die Steuern und Gebühren weiter und führt den Beitrag für die Reiserücktrittsversicherung an die Versicherungsgesellschaft ab, die rechtlich und wirtschaftlich nicht zu dem Luftverkehrsunternehmen gehört.

Eine deutsche Verbraucherschutzvereinigung klagte gegen ebookers.com vor deutschen Gerichten auf Abstellung der Praxis, in den Flugpreis als Voreinstellung eine Reiserücktrittsversicherung einzuschließen. Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht Köln dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Kosten für solche Leistungen Dritter, die der Fluganbieter von dem Kunden in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis erhebt, „fakultative Zusatzkosten“ darstellen, so dass die fraglichen Leistungen auf „Opt-in“-Basis angeboten werden müssen.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass das Unionsrecht (Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ABl. L 293, S. 3,) im Hinblick auf die Preise von Luftverkehrsdiensten Information und Transparenz gewährleisten soll und somit zum Schutz des Kunden beiträgt. „Fakultative Zusatzkosten“ betreffen Dienste, die den Luftverkehrsdienst als solchen ergänzen. Sie sind für die Beförderung des Fluggasts oder der Luftfracht weder obligatorisch noch unerlässlich, so dass der Kunde die Wahl hat, sie anzunehmen oder abzulehnen. Gerade weil der Kunde diese Wahl hat, schreibt das Unionsrecht vor, dass solche Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden müssen und dass ihre Annahme durch den Kunden auf „Opt-in“-Basis erfolgen muss. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass der Kunde dazu verleitet wird, für den Flug selbst nicht unerlässliche Zusatzleistungen abzunehmen, sofern er sich nicht ausdrücklich dafür entscheidet, sie abzunehmen und die Zusatzkosten dafür zu zahlen.

Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass es mit dem Zweck, den Kunden zu schützen, nicht vereinbar wäre, wenn dieser Schutz davon abhinge, ob die fakultative Zusatzleistung von einem Luftfahrtunternehmen oder von einem anderen, rechtlich von ihm verschiedenen Unternehmen erbracht wird. Dagegen kommt es darauf an, dass die fakultative Zusatzleistung und die Zusatzkosten dafür im Zusammenhang mit dem Flug selbst im Rahmen des zu dessen Buchung vorgesehenen Vorgangs angeboten werden.

Der Gerichtshof antwortet, dass der Begriff „fakultative Zusatzkosten“ im Zusammenhang mit Flugreisen stehende Kosten von Leistungen – wie einer Reiserücktrittsversicherung – erfasst, die von einer anderen Person als dem Luftverkehrsunternehmen erbracht und von dem Vermittler dieser Reise in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis von dem Kunden erhoben werden.

EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012, Az. C-112/11