Keine nächtliche Streupflicht der Gemeinden

Im Dezember 2008 fuhr der Sohn der Klägerin mit deren Auto gegen 1.50
Uhr auf einer Kreisstraße. In dieser Nacht war die Straße nicht
gestreut. Auf gerader Strecke entlang des Waldes kam der Sohn mit dem
Fahrzeug der Klägerin von der Straße ab und erlitt einen Sachschaden von
etwa 7.500,00 Euro.

Die Klägerin behauptet, die Fahrbahn sei
aufgrund überfrierender Nässe eisglatt gewesen. Ihr Sohn habe nachdem er
ein leichtes seitliches Versetzen durch Glätte gespürt habe, die
Geschwindigkeit auf 70 km/h reduziert. Die Klägerin gab an, dass es in
der gleichen Nacht weitere Verkehrsunfälle im Bereich der Unfallstelle
gegeben habe. Es liege ein Unfallschwerpunkt vor, bei dem die Beklagte
hätte Streuarbeiten vornehmen müssen. Daher wollte die Klägerin ihren
Schaden von 7.500,00 Euro vom beklagten Landkreis ersetzt haben.

Die
Beklagte behauptet, dass es auf dieser Straße in der Nacht zu keinem
weiteren Unfall gekommen sei. Für die Straße habe sogar in der Nacht
eine Rufbereitschaft des Streudienstes existiert, die jedoch nicht
angefordert worden sei. Es bestehe keine Pflicht, nachts außer Orts
Kreisstraßen zu streuen. Eine Gefahrenstelle liege nicht vor, vielmehr
habe die unangepasste Geschwindigkeit des Autos zum Unfall geführt.

In
der mündlichen Verhandlung konnte die Klägerin keinen einzigen weiteren
Unfall auf der Strecke konkret benennen. Zwar gab ihr Sohn als Zeuge
an, ihm habe ein Rettungssanitäter von drei weiteren Unfällen berichtet.
Jedoch konnte er weder den Namen des Rettungssanitäters angeben, noch
wusste die für die Stelle zuständige Polizei von weiteren Unfällen.
Daher lag kein Unfallschwerpunkt vor.

Der beklagte Landkreis war
seiner Räum- und Streupflicht im ausreichenden Maße nachgekommen. Das
Gericht stellte fest, dass Kraftfahrer sich im Winter auf die besonderen
Witterungsverhältnisse einstellen müssen. Grundsätzlich sei es in der
Nacht aufgrund geringen Verkehrsaufkommens nicht zumutbar, sämtliche
Verkehrswege zu streuen. Weil sich der Unfall um 1.50 Uhr nachts
außerhalb geschlossener Ortschaft auf einer Kreisstraße ereignete,
bestand keine Streupflicht. Lobend hob das Gericht hervor, dass der
Landkreis sogar mehr als das Erforderliche getan hatte, indem er einen
Notdienst für die Nacht eingerichtet hatte. Dieser kontrollierte einmal
in der Nacht, ob ein Ausrücken der Streufahrzeuge erforderlich war.

Das
Landgericht führte dann noch zusätzlich aus, dass selbst bei einer
Verletzung der Streupflicht aufgrund des Verhaltens des Fahrzeugführers
eine Haftung des beklagten Landkreises ausgeschlossen wäre. Eine
Verringerung der Fahrzeuggeschwindigkeit nach Bemerken eines „leichten
Versetzens“ von 90 km/h auf 70 km/h erachtet das Gericht als nicht
ausreichend. Diese Geschwindigkeit war offenbar zu hoch, denn sonst wäre
das Fahrzeug der Klägerin nicht von der glatten Fahrbahn abgekommen.
Soweit der Sohn der Klägerin angab, die Außentemperaturanzeige des Pkw
habe nicht angeschlagen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch
bei Temperaturen knapp über 0 Grad muss an einzelnen Stellen mit Frost
und Glatteis gerechnet werden. Ein blindes Verlassen auf die
Außentemperaturanzeige des Pkw führt nicht dazu, dass die erforderliche
Sorgfalt zur Beobachtung der Straßenverhältnisse und zur ausreichenden
Geschwindigkeitsverringerung missachtet werden darf.

Daher wies das Landgericht die Klage ab.

Landgericht Coburg, Urteil vom 06.07.2012, Az. 22 O 729/11