Meisterpräsenz bei Hörgeräteakustik-Unternehmen

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass es weder irreführend ist noch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Meisterpräsenz nach der Handwerksordnung darstellt, wenn der Meister in einem Hörgeräteakustik-Unternehmen nicht ständig anwesend, sondern noch für einen zweiten Betrieb in einer benachbarten Stadt zuständig ist.

Beide Parteien sind auf dem Gebiet der Hörgeräteakustik tätig, bei dem es sich nach der Handwerksordnung um ein zulassungspflichtiges Handwerk handelt. Die Beklagte betreibt ein Geschäft in Dillingen an der Donau, die Klägerin im 26 km entfernten Günzburg, wo auch eine Schwestergesellschaft der Beklagten tätig ist. Die Beklagte beschäftigt in Dillingen einen Hörgeräteakustik-Meister als Betriebsleiter, der gleichzeitig Betriebsleiter im Günzburger Geschäft des Schwesterunternehmens tätig ist. Nach Ansicht der Klägerin ist die Einsetzung eines gemeinsamen Betriebsleiters für die beiden Betriebe wegen Verstoßes gegen die Handwerksordnung und wegen Irreführung der Kundschaft unzulässig. Sie nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung und Ersatz von Abmahn- sowie Detekteikosten in Anspruch.

Das Landgericht Augsburg und das Oberlandesgericht München haben die Klage als begründet angesehen, wobei das Oberlandesgericht auf die Irreführung der Verbraucher abgestellt hat und die Frage eines Verstoßes gegen die Handwerksordnung offengelassen hat. Der Bundesgerichtshof hat heute diese Entscheidungen aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Eine Irreführung scheidet – so der Bundesgerichtshof – im Streitfall aus: Zwar vermittelt ein Unternehmen, das eine Dienstleistung anbietet, dem Verbraucher grundsätzlich den Eindruck, dass die Dienstleistungen in seinem Geschäftslokal während der Geschäftszeiten für Kunden unmittelbar erbracht werden können. Die Verbraucher stellen aber auch die Art der von ihnen nachgefragten Dienstleistung sowie die Üblichkeiten im Geschäftsverkehr in Rechnung. Sie berücksichtigten daher, dass es in bestimmten Bereichen und insbesondere dort, wo die Erbringung der Dienstleistung in Form einer Beratung oder Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt, häufig üblich ist, dass eine solche Beratung oder Behandlung auch dann, wenn das Geschäftslokal geöffnet ist, nur nach vorheriger Terminvereinbarung erfolgt. Sie werden daher nicht irregeführt, wenn die durch einen Meister vorzunehmenden Untersuchungen im Betrieb der Beklagten in Dillingen nur nach Terminabsprache angeboten werden.

Auch einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Handwerksordnung hat der Bundesgerichtshof verneint. Allerdings ist bei Gesundheitshandwerken, von engen Ausnahmefällen abgesehen, für eine Betriebsstätte ständige Meisterpräsenz zu verlangen. Daraus folgt aber nicht, dass der Betreiber eines Hörgeräteakustik-Unternehmens sein Ladenlokal nicht offenhalten darf, wenn der Meister im Geschäftslokal nicht anwesend ist. In dieser Zeit können etwa Termine mit ins Ladenlokal kommenden Kunden vereinbart, Ersatz- und Verschleißteile wie etwa Batterien für Hörgeräte abgegeben und ähnliche Leistungen erbracht werden, die keine Anwesenheit eines Meisters erfordern. Unzulässig wäre es zwar, wenn ein Meister nur ganz gelegentlich in dem Betrieb zur Verfügung stünde, etwa weil er eine Vielzahl von Betrieben oder weit voneinander entfernt liegende Betriebe zu betreuen hätte. So verhält es sich im Streitfall aber nicht. Nach den getroffenen Feststellungen war der Hörgeräteakustik-Meister jeden Tag zur Hälfte im Betrieb der Beklagten in Dillingen und im Übrigen im Betrieb der Schwestergesellschaft in Günzburg tätig und dort ohne weiteres erreichbar.

Urteil vom 17. Juli 2013 – I ZR 222/11

OLG München – Urteil vom 10. November 2011 – 29 U 1614/11

WRP 2012, 579

LG Augsburg -Urteil vom 31. März 2011 – 1 HKO 3514/09

Karlsruhe, den 17. Juli 2013

Nr. 125/2013 vom 17.07.2013

Quelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der PressestelleDer unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass es weder irreführend ist
noch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Meisterpräsenz nach der
Handwerksordnung darstellt, wenn der Meister in einem
Hörgeräteakustik-Unternehmen nicht ständig anwesend, sondern noch für
einen zweiten Betrieb in einer benachbarten Stadt zuständig ist.

Beide
Parteien sind auf dem Gebiet der Hörgeräteakustik tätig, bei dem es
sich nach der Handwerksordnung um ein zulassungspflichtiges Handwerk
handelt. Die Beklagte betreibt ein Geschäft in Dillingen an der Donau,
die Klägerin im 26 km entfernten Günzburg, wo auch eine
Schwestergesellschaft der Beklagten tätig ist. Die Beklagte beschäftigt
in Dillingen einen Hörgeräteakustik-Meister als Betriebsleiter, der
gleichzeitig Betriebsleiter im Günzburger Geschäft des
Schwesterunternehmens tätig ist. Nach Ansicht der Klägerin ist die
Einsetzung eines gemeinsamen Betriebsleiters für die beiden Betriebe
wegen Verstoßes gegen die Handwerksordnung und wegen Irreführung der
Kundschaft unzulässig. Sie nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung und
Ersatz von Abmahn- sowie Detekteikosten in Anspruch.

Das
Landgericht Augsburg und das Oberlandesgericht München haben die Klage
als begründet angesehen, wobei das Oberlandesgericht auf die Irreführung
der Verbraucher abgestellt hat und die Frage eines Verstoßes gegen die
Handwerksordnung offengelassen hat. Der Bundesgerichtshof hat heute
diese Entscheidungen aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Eine
Irreführung scheidet – so der Bundesgerichtshof – im Streitfall aus:
Zwar vermittelt ein Unternehmen, das eine Dienstleistung anbietet, dem
Verbraucher grundsätzlich den Eindruck, dass die Dienstleistungen in
seinem Geschäftslokal während der Geschäftszeiten für Kunden unmittelbar
erbracht werden können. Die Verbraucher stellen aber auch die Art der
von ihnen nachgefragten Dienstleistung sowie die Üblichkeiten im
Geschäftsverkehr in Rechnung. Sie berücksichtigten daher, dass es in
bestimmten Bereichen und insbesondere dort, wo die Erbringung der
Dienstleistung in Form einer Beratung oder Behandlung längere Zeit in
Anspruch nimmt, häufig üblich ist, dass eine solche Beratung oder
Behandlung auch dann, wenn das Geschäftslokal geöffnet ist, nur nach
vorheriger Terminvereinbarung erfolgt. Sie werden daher nicht
irregeführt, wenn die durch einen Meister vorzunehmenden Untersuchungen
im Betrieb der Beklagten in Dillingen nur nach Terminabsprache angeboten
werden.

Auch einen Verstoß gegen die Bestimmungen der
Handwerksordnung hat der Bundesgerichtshof verneint. Allerdings ist bei
Gesundheitshandwerken, von engen Ausnahmefällen abgesehen, für eine
Betriebsstätte ständige Meisterpräsenz zu verlangen. Daraus folgt aber
nicht, dass der Betreiber eines Hörgeräteakustik-Unternehmens sein
Ladenlokal nicht offenhalten darf, wenn der Meister im Geschäftslokal
nicht anwesend ist. In dieser Zeit können etwa Termine mit ins
Ladenlokal kommenden Kunden vereinbart, Ersatz- und Verschleißteile wie
etwa Batterien für Hörgeräte abgegeben und ähnliche Leistungen erbracht
werden, die keine Anwesenheit eines Meisters erfordern. Unzulässig wäre
es zwar, wenn ein Meister nur ganz gelegentlich in dem Betrieb zur
Verfügung stünde, etwa weil er eine Vielzahl von Betrieben oder weit
voneinander entfernt liegende Betriebe zu betreuen hätte. So verhält es
sich im Streitfall aber nicht. Nach den getroffenen Feststellungen war
der Hörgeräteakustik-Meister jeden Tag zur Hälfte im Betrieb der
Beklagten in Dillingen und im Übrigen im Betrieb der
Schwestergesellschaft in Günzburg tätig und dort ohne weiteres
erreichbar.

Urteil vom 17. Juli 2013 – I ZR 222/11

OLG München – Urteil vom 10. November 2011 – 29 U 1614/11

WRP 2012, 579

LG Augsburg -Urteil vom 31. März 2011 – 1 HKO 3514/09

Karlsruhe, den 17. Juli 2013

Nr. 125/2013 vom 17.07.2013

Quelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle