Schadensersatz bei desolatem Gehweg

Wer auf einem öffentlichen Weg stürzt, kann Schadenersatz geltend machen. Eine Kommune verletzt ihre Verkehrssicherungspflicht, wenn sie trotz der bekannten Mängel über Jahre untätig bleibt. Kommt ein Passant zu Fall, muss die Kommune daher auch dann Schadenersatz leisten, wenn die Unebenheiten deutlich zu erkennen waren.

Der BGH gab mit seinem Urteil der Schadenersatzklage einer Passantin statt. Die Seniorin war auf einem seit Jahren unebenen Gehweg in Berlin gestürzt. Sie verunglückte auf einem von ihr seit etlichen Jahren benutzten Überweg des Mittelstreifens. Dieser vor dem 3. Oktober 1990 angelegte Weg bestand am Tage des Sturzes wie schon in den Jahren zuvor aus stark verwitterten und keine ebene Fläche mehr aufweisenden Betonplatten.

Am Unfalltag blieb die Klägerin, die festes Schuhwerk trug, mit einem Fuß in einem etwa 2 bis 2,5 Zentimeter tiefen Loch hängen und fiel zu Boden, wobei sie sich schwere Verletzungen im Gesicht, Prellungen im Arm- und Brustbereich sowie eine Verstauchung des rechten Handgelenks zuzog.

Die Kommune hatte zwar eingeräumt, dass der gesamte Gehweg schadhaft sei. Die Frau hätte aber auf eine Grünfläche ausweichen können.

Der BGH ließ diese Argumentation nicht gelten. Die Kommune habe vielmehr ihre Verkehrssicherungspflicht nachhaltig verletzt, weil sie trotz der bekannten Mängel über Jahre untätig geblieben sei. Nach Auffassung der Richter ist das schädigende Ereignis Folge einer von der Beklagten zu vertretenden Verletzung der im Land Berlin hoheitlich ausgestalteten Straßenverkehrssicherungspflicht.

Der streitgegenständliche Überweg habe sich ausweislich der vorgelegten Lichtbilder insgesamt in einem desolaten Zustand befunden, der unstreitig so auch bereits seit Jahren bestanden habe. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, seine jahrelange Untätigkeit stelle deshalb keine Pflichtverletzung dar, weil die Gefahrenlage so gravierend sei, dass diese von einem durchschnittlich sorgfältigen Fußgänger bereits bei flüchtigem Hinsehen ohne Weiteres hätte bemerkt werden können.

BGH, Urteil vom 05.07.2012, Az III ZR 240/11