Kein Schadenersatz bei automatischer Tür

Kein Schadenersatz bei automatischer Tür

Wer zwischen den Flügeln einer automatisch schließenden Eingangstür eingeklemmt wird, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth hervor, das die Fachzeitschrift „NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht“ veröffentlicht hat. Nach dem Richterspruch muss der Passant damit rechnen, dass solche Türen sich unerwartet schließen. Ihn treffe daher wegen mangelnder Aufmerksamkeit ein erhebliches Mitverschulden.
Das Gericht wies damit die Schadenersatzklage einer Bankkundin ab. Die Klägerin war beim Verlassen einer Filiale zwischen die sich automatisch schließenden Schiebetüren geraten. Am Eingang der Bank-Filiale befinden sich eine äußere und eine innere Schiebetür, welche sich automatisch öffnen, sobald ein Kunde beim Betreten oder Verlassen der Filiale in den Bereich der Bewegungsmelder tritt.
Am Unfalltag ließ sich die Klägerin Kontoauszüge ausdrucken. Beim Verlassen der Filiale kam ihr ein Mann mit mehreren Kleinkindern entgegen. Die Klägerin ließ diesen den Vortritt und wollte dann die Bank durch die automatischen Türen wieder verlassen.
In dem Moment, als die Klägerin die äußere Schiebetür passierte, schloss sich diese, obwohl die Klägerin sich noch zwischen den Flügeln befand und traf die Klägerin am rechten Arm. Offenbar reagierte der Bewegungsmelder nur verzögert. Die Klägerin behauptete, die Tür habe nicht auf den Widerstand ihres Körpers reagiert und sie sei daher eingequetscht worden. Dies sei einer Fehlfunktion der Tür aufgrund mangelnder Wartung geschuldet. Sie habe versucht, die Tür mithilfe ihrer Arme wieder auseinander zu drücken. Es habe jedoch einige Sekunden gedauert, bis sich die Tür wieder geöffnet habe. Währenddessen seien die Türen immer weiter geschlossen worden, so dass die Klägerin regelrecht ausgehebelt worden sei und mit den Füßen den Kontakt zum Boden verloren habe.
Durch das Einklemmen in der Tür habe sich die Klägerin eine Quetschverletzung und Muskelzerrung am rechten Ober- und Unterarm sowie weitere Verletzungen zugezogen. Hierdurch leide die Klägerin nach wie vor an Beschwerden und ihr die Haushaltstätigkeit sei für einige Zeit unmöglich gemacht worden.
Das Landgericht sah gleichwohl keine Verletzung der sogenannten Verkehrssicherungspflicht seitens der Bank. Vielmehr hielten sie der Klägerin vor, nicht aufmerksam genug gewesen zu sein. Demnach trifft die Klägerin ein ganz überwiegendes Mitverschulden beim Zustandekommen des streitgegenständlichen Unfalls, welches bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zum Ausschluss von Schadensersatzansprüchen führt, urteilte das Gericht.
LG Nürnberg- Fürth, 12 O 2095/11
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Voreinstellung Reisebuchung

Voreinstellung Reisebuchung

Ein Vermittler von Flugreisen darf beim Online-Verkauf von
Flugscheinen nicht als Voreinstellung eine Reiserücktrittsversicherung
vorsehen

Als „fakultative Zusatzleistung“ kann eine
Reiserücktrittsversicherung nur in der Weise angeboten werden, dass eine
ausdrückliche Annahme erforderlich ist („Opt-in“)

Die
ebookers.com Deutschland vertreibt über ein von ihr betriebenes
Online-Reiseportal Flugreisen. Hat der Kunde während des
Buchungsvorgangs einen bestimmten Flug ausgewählt, erscheint auf der
Website oben rechts unter der Überschrift „Ihre aktuellen Reisekosten“
eine Kostenaufstellung. Diese Aufstellung enthält neben den Kosten für
den Flug den Betrag für „Steuern und Gebühren“ und – voreingestellt –
die Kosten für eine „Versicherung Rücktrittskostenschutz“. Die Summe
dieser Kosten ergibt den „Gesamtreisepreis“. Am Ende der Website wird
der Kunde darauf hingewiesen, wie er zu verfahren hat, wenn er die –
voreingestellt – eingeschlossene Versicherung nicht abschließen möchte:
Er muss dann sein Einverständnis ausdrücklich verweigern („Opt-out“).
Von dem vom Kunden nach der Buchung gezahlten Preis entrichtet
ebookers.com die Kosten des Flugscheins an das Luftverkehrsunternehmen,
leitet die Steuern und Gebühren weiter und führt den Beitrag für die
Reiserücktrittsversicherung an die Versicherungsgesellschaft ab, die
rechtlich und wirtschaftlich nicht zu dem Luftverkehrsunternehmen
gehört.

Eine deutsche Verbraucherschutzvereinigung klagte gegen
ebookers.com vor deutschen Gerichten auf Abstellung der Praxis, in den
Flugpreis als Voreinstellung eine Reiserücktrittsversicherung
einzuschließen. Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht Köln
dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Kosten für solche Leistungen
Dritter, die der Fluganbieter von dem Kunden in einem Gesamtpreis
gemeinsam mit dem Flugpreis erhebt, „fakultative Zusatzkosten“
darstellen, so dass die fraglichen Leistungen auf „Opt-in“-Basis
angeboten werden müssen.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf
hin, dass das Unionsrecht (Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ABl. L 293, S.
3,) im Hinblick auf die Preise von Luftverkehrsdiensten Information und
Transparenz gewährleisten soll und somit zum Schutz des Kunden beiträgt.
„Fakultative Zusatzkosten“ betreffen Dienste, die den
Luftverkehrsdienst als solchen ergänzen. Sie sind für die Beförderung
des Fluggasts oder der Luftfracht weder obligatorisch noch unerlässlich,
so dass der Kunde die Wahl hat, sie anzunehmen oder abzulehnen. Gerade
weil der Kunde diese Wahl hat, schreibt das Unionsrecht vor, dass solche
Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am
Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden müssen und dass ihre
Annahme durch den Kunden auf „Opt-in“-Basis erfolgen muss. Dieses
Erfordernis soll verhindern, dass der Kunde dazu verleitet wird, für den
Flug selbst nicht unerlässliche Zusatzleistungen abzunehmen, sofern er
sich nicht ausdrücklich dafür entscheidet, sie abzunehmen und die
Zusatzkosten dafür zu zahlen.

Sodann stellt der Gerichtshof fest,
dass es mit dem Zweck, den Kunden zu schützen, nicht vereinbar wäre,
wenn dieser Schutz davon abhinge, ob die fakultative Zusatzleistung von
einem Luftfahrtunternehmen oder von einem anderen, rechtlich von ihm
verschiedenen Unternehmen erbracht wird. Dagegen kommt es darauf an,
dass die fakultative Zusatzleistung und die Zusatzkosten dafür im
Zusammenhang mit dem Flug selbst im Rahmen des zu dessen Buchung
vorgesehenen Vorgangs angeboten werden.

Der Gerichtshof antwortet,
dass der Begriff „fakultative Zusatzkosten“ im Zusammenhang mit
Flugreisen stehende Kosten von Leistungen – wie einer
Reiserücktrittsversicherung – erfasst, die von einer anderen Person als
dem Luftverkehrsunternehmen erbracht und von dem Vermittler dieser Reise
in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis von dem Kunden erhoben
werden.

EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012, Az. C-112/11

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Zur Unternehmereigenschaft beim Verkauf von Gegenständen über „ebay“

Zur Unternehmereigenschaft beim Verkauf von Gegenständen über „ebay“

Der Verkauf einer Vielzahl von Gegenständen über die Internet-Plattform „ebay“ kann eine der Umsatzsteuer unterliegende (nachhaltige) unternehmerische Tätigkeit sein; die Beurteilung als nachhaltig hängt nicht von einer bereits beim Einkauf vorhandenen Wiederverkaufsabsicht ab.

Bei der laufenden Veräußerung von Gegenständen in erheblichem Umfang liegt keine nur private Vermögensverwaltung vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb der Gegenstände unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Händler i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG.

Im November 2001 eröffneten „die Kläger“ auf der Internet-Plattform „ebay“ ein Nutzerkonto, das sie dazu berechtigte, an Online-Auktionen verschiedenster Waren und Gegenstände sowohl als Verkäufer als auch als Käufer teilzunehmen.

„Die Kläger“ waren ein Ehepaar, die gemeinsam unter dem Nutzernamen „X“ in der Folgezeit über die Plattform „ebay“ unter diesem Nutzernamen eine Vielzahl von Gebrauchsgegenständen an jeweils unterschiedliche Käufer veräußerten. Die zu verkaufenden Gegenstände hatten „die Kläger“ bei der Erstellung des jeweiligen Auktionsangebots verschiedenen Produktgruppen zugeordnet. Insgesamt handelte es sich im Zeitraum zwischen November 2001 und Juni 2005 um über

1.200 einzelne Verkaufsvorgänge. Hieraus erzielten die Kläger Erlöse von knapp EUR 75.000,-.

„Die Kläger“ gaben bei Einstellung der Verkaufsangebote auf der Plattform „ebay“ jeweils an, es handele sich um einen Privatverkauf. Eine Gewährleistung für die verkauften Gegenstände übernahmen „die Kläger“ gegenüber dem jeweiligen Käufer nicht, auch führten „die Kläger“ in diesem Zeitraum weder Umsatzsteuer ab noch gaben sie diese Erlöse in ihrer Einkommenssteuererklärung an.

Nach einer Steuerprüfung setzte das Finanzamt für die betreffenden Jahre die Umsatzsteuer fest, wogegen sich „die Kläger“ wendeten.

Sie führten u.a. aus, sie seien nicht unternehmerisch tätig gewesen, weil sie von Anfang an lediglich vorgehabt hätten, ihre Sammlungen aufzulösen. Sie hätten die Sammlungsstücke nicht mit Wiederverkaufsabsicht erworben und hätten durch die Verkäufe lediglich ihr Vermögen umgeschichtet. Insoweit seien die Verkaufsaktivitäten von vornherein bis zum Verkauf des letzten Sammlungsstücks begrenzt gewesen. Der private Charakter der Verkäufe ergebe sich schon aus dem bei „ebay“ geführten sog. account. Sie, „die Kläger“, hätten bewusst einen Privatzugang und nicht einen auf gewerbliche Tätigkeit ausgerichteten „Shop-Zugang“ gewählt. Auch hätten sie keine Werbemaßnahmen ergriffen und einen organisatorischen Aufwand von weniger als 5 Stunden die Woche gehabt.

Das Finanzgericht wies die Klage „der Kläger“ ab, die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Finanzgericht.

Zur Begründung führte der Bundesfinanzhof aus, dass die Feststellungen des FG nicht aus reichen, um beurteilen zu können, ob die zwischen den Eheleuten bestehende GbR oder deren Gesellschafter Unternehmer ist.

Entgegen der Auffassung „der Kläger“ unterliegen die streitigen Leistungen jedoch der Umsatzsteuer.

Keine private Vermögensverwaltung, sondern eine in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende Tätigkeit liegt (…) vor, wenn – wie hier – der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb von Gegenständen unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S. von  Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wobei derartige aktive Schritte insbesondere in der Durchführung bewährter Vertriebsmaßnahmen bestehen können.

Insbesondere sind dabei zu würdigen: die Dauer und die Intensität der Tätigkeit, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, eine planmäßige Tätigkeit, das Unterhalten eines Geschäftslokals.

Das FG hat diesen Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze und ohne Vernachlässigung wesentlicher Umstände dahingehend gewürdigt, dass eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen („ebay“-Plattform) vorliegt, die deshalb als nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.04.2012, V R 2/11

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Geschlossene Immobilienfonds für die Altersvorsorge zu spekulativ

Geschlossene Immobilienfonds für die Altersvorsorge zu spekulativ

Wenn ein Anlageberater nicht alle Ziele seines Kunden in seiner Beratung berücksichtigt, verletzt er seine Pflicht. Ist die Altersvorsorge ein Ziel des Anlegers, dürfen weder geschlossene Immobilienfonds noch fondsgebundene Rentenversicherungen empfohlen werden, urteilt das Oberlandesgericht Köln.

Ein Anlageberater darf keine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds raten, wenn der Kunde Geld zur Altersvorsorge anlegen will. Das berichtet die „Monatsschrift für Deutsches Recht“ unter Berufung auf ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln.

Eine Anlegerin wollte ursprünglich nicht nur die Rendite ihrer Geldanlage erhöhen, sondern auch für den Ruhestand vorsorgen. Dies hatte sie auch in einem „persönlichen Prioritätenprofil“ erklärt und Altersvorsorge und Sicherheit in ihrer Rangliste als höchstes Ziel eingeordnet.

In der Beratung war ihr schließlich ein geschlossene Immobilienfonds sowie eine fondsgebundene Rentenversicherung angeboten worden. Beide Anlageformen beurteilte das Gericht als spekulativ und zur Altersvorsorge nicht geeignet. Wegen des Verlustrisikos entspricht die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds nicht sämtlichen Anlagezielen der Anlegerin.

Die Klägerin hatte mit ihren Investitionen Geld verloren. Das Gericht gab mit seinem Urteil der Anlegerin Recht. Ihr Anlageberater hatte ihr zu dieser Geldanlage geraten, obwohl sie als Anlageziel die Sicherung ihrer Altersvorsorge angegeben hatte. Nach Auffassung der Kölner Richter handelt es sich dabei nicht um eine sichere, sondern um eine spekulative Anlageform.

Die Vertriebsfirma muss nicht nur die vorherige Beteiligung am Immobilienfonds rückabwickeln, sondern auch die weiteren monatlichen Einlagen gegen Abtretung der Anteile übernehmen. Sie muss der Anlegerin auch gegen Übereignung der Fondsanteile die bisher gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung erstatten und ihr von den monatlichen Beitragszahlungen gegen Abtretung der Fondsanteile freistellen.

Vor dem Hintergrund hielt das OLG dem Anlageberater vor, seine Beratungspflichten verletzt zu haben. Daher müsse die Klägerin so gestellt werden, als hätte sie sich nie an dem Fonds beteiligt.

OLG Köln, Az.: 20 U 167/11

Wenn ein Anlageberater nicht alle Ziele seines Kunden in seiner
Beratung berücksichtigt, verletzt er seine Pflicht. Ist die
Altersvorsorge ein Ziel des Anlegers, dürfen weder geschlossene
Immobilienfonds noch fondsgebundene Rentenversicherungen empfohlen
werden, urteilt das Oberlandesgericht Köln.

Ein Anlageberater darf
keine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds raten, wenn
der Kunde Geld zur Altersvorsorge anlegen will. Das berichtet die
„Monatsschrift für Deutsches Recht“ unter Berufung auf ein Urteil des
Oberlandesgerichts (OLG) Köln.

Eine Anlegerin wollte ursprünglich
nicht nur die Rendite ihrer Geldanlage erhöhen, sondern auch für den
Ruhestand vorsorgen. Dies hatte sie auch in einem „persönlichen
Prioritätenprofil“ erklärt und Altersvorsorge und Sicherheit in ihrer
Rangliste als höchstes Ziel eingeordnet.

In der Beratung war ihr
schließlich ein geschlossene Immobilienfonds sowie eine fondsgebundene
Rentenversicherung angeboten worden. Beide Anlageformen beurteilte das
Gericht als spekulativ und zur Altersvorsorge nicht geeignet. Wegen des
Verlustrisikos entspricht die Beteiligung an einem geschlossenen
Immobilienfonds nicht sämtlichen Anlagezielen der Anlegerin.

Die
Klägerin hatte mit ihren Investitionen Geld verloren. Das Gericht gab
mit seinem Urteil der Anlegerin Recht. Ihr Anlageberater hatte ihr zu
dieser Geldanlage geraten, obwohl sie als Anlageziel die Sicherung ihrer
Altersvorsorge angegeben hatte. Nach Auffassung der Kölner Richter
handelt es sich dabei nicht um eine sichere, sondern um eine spekulative
Anlageform.

Die Vertriebsfirma muss nicht nur die vorherige
Beteiligung am Immobilienfonds rückabwickeln, sondern auch die weiteren
monatlichen Einlagen gegen Abtretung der Anteile übernehmen. Sie muss
der Anlegerin auch gegen Übereignung der Fondsanteile die bisher
gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung erstatten und ihr von den
monatlichen Beitragszahlungen gegen Abtretung der Fondsanteile
freistellen.

Vor dem Hintergrund hielt das OLG dem Anlageberater
vor, seine Beratungspflichten verletzt zu haben. Daher müsse die
Klägerin so gestellt werden, als hätte sie sich nie an dem Fonds
beteiligt.

OLG Köln, Az.: 20 U 167/11

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Verschulden des Mieters bei Nichtzahlung der Miete

Verschulden des Mieters bei Nichtzahlung der Miete

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass einem Mieter auch dann fristlos wegen eines Mietrückstands gekündigt werden kann, wenn er die Miete aufgrund eines Irrtums über die Ursache eines Mangels nicht entrichtet.

Die Beklagten des zugrunde liegenden Streitfalls sind Mieter eines Einfamilienhauses der Kläger. Im Dezember 2008 teilten sie den Klägern mit, dass sich im Haus aufgrund baulicher Mängel Schimmel und Kondenswasser bilden würden. Anlässlich eines Ortstermins im Dezember 2008 brachten die Kläger gegenüber den Beklagten zum Ausdruck, dass ihrer Ansicht nach das Heiz- und Lüftungsverhalten der Beklagten dafür verantwortlich sei. Die Beklagten minderten die vertraglich vereinbarte Bruttomiete in Höhe von 1.550 Euro pro Monat für die Monate März 2009 bis Juni 2010 um jeweils 310 Euro (20 %). Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 7. Januar 2010 wegen des bis dahin aufgelaufenen Mietrückstands in Höhe von 3.410 Euro fristlos.

Mit ihrer Klage haben die Kläger Zahlung des bis Januar 2010 aufgelaufenen Mietrückstands nebst Zinsen sowie die Räumung des Hauses verlangt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 27. Mai 2010 einen zur Minderung berechtigenden Mangel verneint und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Die Beklagten glichen daraufhin im Juni 2010 den für die Monate Februar 2010 bis Mai 2010 aufgelaufenen Mietrückstand aus und zahlten ab Juli 2010 unter Vorbehalt wieder die volle Miete. Während des Berufungsverfahrens glichen die Beklagten im Februar 2011 den zu diesem Zeitpunkt noch offenen Mietrückstand vollständig aus.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagten – nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 3.410 Euro übereinstimmend für erledigt erklärt hatten – zur Zahlung von Zinsen verurteilt und die Klage hinsichtlich der Räumung abgewiesen. Bei der Begründung hat es darauf abgestellt, dass die Beklagten kein Verschulden an der Nichtzahlung der Miete treffe und sie sämtliche Rückstände im Februar 2011 ausgeglichen hätten.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Mieter die Nichtzahlung der Miete zu vertreten hat, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Für eine mildere Haftung und damit eine Privilegierung des Mieters besteht auch in den Fällen kein Anlass, in denen der Mieter die Ursache eines Mangels, hier der Schimmelpilzbildung, fehlerhaft einschätzt. Der Mieter kann bei Zweifeln die Miete unter Vorbehalt zahlen, so dass ihm die Möglichkeit bleibt, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein. Im vorliegenden Fall kann der Zahlungsverzug nicht wegen fehlenden Verschuldens der Beklagten verneint werden. Den Beklagten musste sich die Vermutung aufdrängen, dass das Vorhandensein von zwei Aquarien sowie eines Terrariums mit Schlangen eine die Schimmelbildung begünstigende höhere Luftfeuchtigkeit in der gemieteten Wohnung bedingte und somit an das Lüftungsverhalten entsprechend höhere Anforderungen zu stellen waren.

Die Mietrückstände wurden erst im Februar 2011 vollständig ausgeglichen. Da diese Zahlung nicht mehr innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB erfolgte, ließ sie die Wirksamkeit der Kündigung vom 7. Januar 2010 unberührt, so dass die Beklagten zur Räumung verpflichtet sind.

BGH, Urteil vom 11.07.2012, VIII ZR 138/11

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Versicherten müssen die in Auszahlungsplänen versprochenen Gelder ausgezahlt werden

Versicherten müssen die in Auszahlungsplänen versprochenen Gelder ausgezahlt werden

Der Bundesgerichtshof hatte in mehreren Verfahren darüber zu entscheiden, welche Ansprüche Versicherungsnehmern des englischen Lebensversicherers Clerical Medical Investment Ltd. zustehen, bei dem sie in den Jahren 2001 und 2002 kreditfinanzierte Lebensversicherungsverträge des Produkttyps „Wealthmaster Noble“ abgeschlossen hatten.

Bei den anteilsgebundenen Lebensversicherungen haben die Kläger gegen Zahlung eines Einmalbetrags Anteile an einem „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“, dem „Euro-Pool 2000EINS“ erworben. Nachdem der Wertzuwachs der den Klägern zugeteilten Poolanteilen in der Folgezeit nicht ausreichte, um die zunächst getätigten Auszahlungen in vollem Umfang zu decken, reduzierte die Beklagte unter Berufung auf ihre Versicherungsbedingungen die Anzahl der den Klägern zugewiesenen Anteile und damit den jährlich mitgeteilten Vertragswert.

Die Kläger verfolgen in erster Linie Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit den Vertragsabschlüssen. Sie berufen sich u.a. darauf, dass die Beklagte mit unrealistischen Renditeerwartungen geworben habe bzw. durch ihre Untervermittler habe werben lassen, und verlangen Ersatz des ihnen durch Abschluss der Verträge entstandenen Vertrauensschadens, insbesondere Freistellung von den Verbindlichkeiten aus den damit zusammenhängenden Darlehensverträgen. Hilfsweise begehren sie die Erfüllung des Auszahlungsplans ohne Rücknahme von Anteilen.

In der Vorinstanz hat das Oberlandesgericht Stuttgart in beiden Verfahren die Beklagte jeweils zur Erfüllung des in den Versicherungsscheinen festgelegten Auszahlungsplans verurteilt. Die primär geltend gemachten Schadensersatzansprüche hat es im Hinblick auf das Bestehen dieser Erfüllungsansprüche abgewiesen.

Auf die Revisionen der Parteien hat der Bundesgerichtshof die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Hierfür waren im Wesentlichen folgende Gründe maßgebend: Auf Grundlage der schriftlichen Vertragsunterlagen ist anzunehmen, dass die Verpflichtung der Beklagten zur Erfüllung der in den Versicherungsscheinen vorgesehenen Auszahlungspläne nicht unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Kapitaldeckung steht. Die objektive Auslegung der in die Verträge einbezogenen Policenbedingungen der Beklagten ergibt keine wirksame Einschränkung dieser Verpflichtung. Die vom Oberlandesgericht Stuttgart insoweit ausgesprochenen Verurteilungen konnten nur deshalb nicht bestehen bleiben, weil dieses dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, dass die Parteien den fraglichen Klauseln aufgrund entsprechender Erläuterungen des Vermittlers beim Vertragsabschluss übereinstimmend ein von dem Ergebnis objektiver Auslegung abweichendes Verständnis beigelegt hätten, nicht nachgegangen war. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen.

Weiter hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht allein wegen des Bestehens der vorstehend genannten Auszahlungsansprüche abgewiesen werden durften. Insoweit ist es für einen Schaden ausreichend, dass der abgeschlossene Vertrag sich für die Kläger auch ungeachtet bestehender Erfüllungsansprüche als wirtschaftlich nachteilig darstellt, weil er sie – u.a. aufgrund der eingegangenen Darlehensverpflichtungen – in ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt und ihren Anlagezielen nicht entspricht.

Zu den Schadensersatzansprüchen hat der Senat ferner ausgeführt, dass der Abschluss der Lebensversicherung „Wealthmaster Noble“ sich bei wirtschaftlicher Betrachtung in erster Linie als ein Anlagegeschäft darstellt, weshalb die Beklagte wie bei sonstigen Anlagegeschäften auch verpflichtet war, die Kläger bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen vollständig über alle Umstände zu informieren, die für ihren Anlageentschluss von besonderer Bedeutung waren. In diesem Rahmen muss die Beklagte sich nach § 278 BGB das Handeln und die Erklärungen der tätig gewordenen Untervermittler zurechnen lassen, da sie im Rahmen eines so genannten Strukturvertriebs die mit dem Vertrieb der Lebensversicherung in Deutschland verbundenen Aufgaben selbständigen Vermittlern überlassen hat.

Die bestehenden Aufklärungspflichten hat die Beklagte nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt vor allem dadurch verletzt, dass sie den Klägern ein unzutreffendes, zu positives Bild der zu erwartenden Rendite gegeben hat. Den Klägern wurden Musterberechnungen übergeben, die auf einer Renditeprognose von 8,5 % basieren, obwohl die Beklagte selbst nur eine Rendite von 6 % als realistisch angesehen hat, was in den Hinweisen zu den Musterberechnungen nicht ausreichend deutlich kenntlich gemacht ist.

Des Weiteren war die Beklagte zu einer verständlichen Information darüber verpflichtet, dass sie im Rahmen des von ihr praktizierten Glättungsverfahrens („smoothing“) nach eigenem Ermessen darüber entscheidet, in welcher Höhe eine tatsächlich erzielte Rendite an die Versicherungsnehmer weitergeben wird und in welcher Höhe sie in Reserven fließt. Sie musste ferner darüber aufklären, dass die mit den Beiträgen der Kläger gebildeten Reserven auch zur Erfüllung der Garantieansprüche der Anleger anderer Pools verwendet werden können (Problem der Quersubventionierung).

Die in den Policenbedingungen enthaltenen Regelungen zur „Marktpreisanpassung“ hat der Senat für unwirksam erachtet, weil sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.07.2012
– IV ZR 122/11, IV ZR 151/11, IV ZR 164/11, IV ZR 271/11 und IV ZR 286/11 –

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Rückzahlung von Schulungskosten bei Kündigung durch Arbeitnehmer

Rückzahlung von Schulungskosten bei Kündigung durch Arbeitnehmer

Sieht eine Klausel im Arbeitsvertrag vor, dass im Falle der Eigenkündigung des Arbeitnehmers die Kosten für Schulungen zurück zu zahlen sind, dann ist diese Klausel nur dann wirksam, wenn darin ausdrücklich Kündigungen ausgenommen sind, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen.

Im konkreten Fall hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Ausbildung zum Triebwagenführer bezahlt. Der Arbeitsvertrag sah in einer formularmäßigen Klausel vor, dass der Arbeitnehmer anteilig Kosten hierfür zurück zu zahlen habe, wenn er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von zwei Jahren nach Beendigung der Ausbildung kündigt.

Nachdem der Arbeitnehmer innerhalb von diesen zwei Jahren kündigte, wurde der vom Arbeitgeber auf anteilige Rückzahlung verklagt. Das Bundesarbeitsgericht sah die Klage als unbegründet an.

In der getroffenen Vereinbarung wurde nicht dahingehend differenziert, auf welchem Grund die Kündigung des Arbeitnehmers beruht. So ist es nach BAG nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht lediglich an die Kündigung des Arbeitnehmers zu knüpfen. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, diese Kosten an die Betriebstreue des Arbeitnehmers zu knüpfen, jedoch muss auch die eigene Vertragstreue des Arbeitgebers in die Kündigungsmotive des Arbeitnehmers im Wege der Gesamtbetrachtung einbezogen werden können. Dies hatte die streitgegenständliche Klausel nicht vorgesehen, so dass die Zahlungsklage abzuweisen war.

BAG, Urteil vom 13.12.2011, Az. AZR 791/09

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Keine Protokollpflicht für Mietminderung

Keine Protokollpflicht für Mietminderung

Macht ein Mieter Mängel an der Mietsache geltend, muss er diese zwar genau beschreiben, bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen ist die Fertigung eines Protokolls jedoch nicht erforderlich.

Im konkreten Fall minderten die Beklagten die Miete, da im Haus durch regelmäßige Vermietung von Wohnungen an Touristen unter anderem erhebliche Lärmbelästigungen und Verschmutzungen im Treppenhaus auftreten.

Die Vermieterin kündigte nach mehreren Monaten die Wohnung wegen Zahlungsverzugs.

Die Vermietung von Wohnungen an Touristen und der damit verbundene ständige Wechsel von Mietparteien stellt zwar nicht generell einen Mietmangel dar, jedoch können die damit in Zusammenhang stehenden Auswirkungen einen Minderungsgrund darstellen, wenn dadurch die Sozialadäquanz überschritten wird.

Der BGH sah vorliegend einen solchen Fall als gegeben an, die Miete war dadurch bereits kraft Gesetz vermindert, da die Gebrauchstauglichkeit einer Mietsache durch stetig wiederkehrende Beeinträchtigung wie Lärm und Verschmutzung gemindert ist.

Die Fertigung eines Protokolls, in dem minutiös die Beeinträchtigungen festgehalten sind, bedarf es entgegen der jahrelangen Rechtsprechung nicht, vielmehr ist ausreichend, wenn der Mieter eine grundsätzliche Beschreibung, aus der sich die Art der Beeinträchtigung ergibt, zu welchen Tageszeiten sie auftritt und über welchen Zeitraum sie sich erstreckt.

BGH ; Urteil vom 29.02.2012, Az. VIII ZR 155/11

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Wohnungsfotografien müssen nicht geduldet werden

Wohnungsfotografien müssen nicht geduldet werden

Vermieter haben nach Kündigung des Mietvertrags keinen Anspruch darauf, von der noch bewohnten Wohnung Fotos zu machen. Dies verstößt gegen das Persönlichkeitsrecht des Mieters.

In dem vor dem LG Frankenthal verhandelten Fall hatten die Mieter den Mietvertrag gekündigt. Noch vor deren Auszug wollte die Vermieterin während eines Maklerbesuchs Fotos von der Wohnung fertigen. Die Bilder sollten dann möglichen Interessenten zugänglich gemacht werden. Hiergegen wendeten sich die Mieter.

Das LG Frankenthal entschied, dass der Vermieter zwar – auch während des noch bestehenden Mietverhältnisses – das Recht hat, Schäden der Wohnung fotografisch zu dokumentieren, nicht aber Fotos von der Wohnung zu fertigen, um sie möglichen Mietinteressenten zur Verfügung zu stellen.

LG Frankenthal, Az. 2 S 218/09

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Abgeltungsklausel für Überstunden kann unwirksam sein

Eine Klausel im Arbeitsvertrag, wodurch der Arbeitnehmer bei betrieblichem Erfordernis zu Mehrarbeit verpflichtet ist, kann unwirksam sein. Der Arbeitnehmer hat in einem solchen Fall Anspruch auf die „übliche“ Vergütung, wenn die Mehrarbeit den Umständen nach nur gegen zusätzliche Vergütung zu erwarten ist. Eine objektive Vergütungserwartung ist in der Regel gegeben, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls kein herausgehobenes Gehalt erhält.

Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer bei einer Spedition als Lagerleiter beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag sah eine 42- Stunden- Woche vor bei einem Gehalt von € 1.800,- (brutto). Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte er für die Jahre 2006 bis 2008 insgesamt 968 Überstunden ausbezahlt.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Klausel, wonach die Vergütung von Mehrarbeit ausgeschlossen ist, gegen das Transparenzgebot verstößt. Der Arbeitsvertrag lässt aus Sicht eines verständigen Arbeitnehmers nicht erkennen, welche Arbeitsleistung für das regelmäßige Bruttoentgelt geschuldet ist. Er konnte bei Vertragsschluss nicht erkennen, was auf ihn zukomme.

Da auf Grund der Unwirksamkeit dieser Klausel eine Vergütungsregelung für Überstunden fehlt, ist seine geleistete Mehrarbeit zusätzlich zu vergüten, wenn dies den Umständen nach zu erwarten ist.

Eine entsprechende, objektive Vergütungserwartung ist jedenfalls dann zu erwarten, wenn das Gehalt des Arbeitnehmers nicht herausgehoben ist.

Insofern war im Rechtsstreit dem Arbeitnehmer der Vergütungsanspruch für die geleisteten Überstunden zuzusprechen.

BAG, Urteil vom 22.02.2012, PM Nr. 16/12

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